Springerle, diese kunstvollen Anisplätzchen aus der schwäbischen Tradition, sind nicht nur ein Genuss, sondern auch ein kulturelles Erbe. Mit ihrem unverwechselbaren Geschmack, den filigranen Mustern und der typischen „Füßchen“-Form haben sie sich über Generationen bewahrt. Ob für Weihnachten, als Mitbringsel oder einfach zum Kaffee – Springerle sind ein besonderes Highlight in der Backstube.
In diesem Artikel werden wir uns detailliert mit den Zutaten, der Zubereitung, den Geheimnissen der Technik und den typischen Abwandlungen beschäftigen. Auf Basis authentischer Rezepte und Anleitungen aus traditionellen Quellen zeigen wir, wie man diese Plätzchen perfekt backen kann – mit der Geduld, die sie verdienen.
Was sind Springerle?
Springerle sind traditionelle Anisplätzchen, die vor allem im süddeutschen Raum, insbesondere in Schwaben, sowie in der Schweiz und im Elsass beheimatet sind. Der Name stammt vermutlich vom Deutschen „springen“, was sich auf die typischen „Füßchen“ bezieht, die sich beim Backen am Boden der Plätzchen bilden. Diese Form entsteht, weil der Teig nach unten aufgeht, während die Oberfläche durch das vorherige Trocknen stabil bleibt.
Die Herstellung von Springerle ist eine zeitintensive, aber lohnenswerte Kunst. Der Teig besteht nur aus wenigen Zutaten – Eiern, Puderzucker, Mehl und Anis – und wird mit speziellen Holzformen (sogenannten „Springerle-Modellen“) verziert. Die filigranen Muster, die sich durch das Prägen entstehen, sind ein Wahrzeichen dieser Plätzchen. Um das Muster beim Backen zu bewahren, müssen die Springerle vor dem Backen an der Luft getrocknet werden, was eine feste Schicht auf der Oberfläche entstehen lässt.
Zutaten für klassische Springerle
Die Zutaten für traditionelle Springerle sind einfach, aber präzise. Jeder Bestandteil spielt eine wichtige Rolle im Aroma, der Konsistenz und der Form des Gebäcks. Im Folgenden sind die typischen Zutaten und ihre Funktionen kurz erläutert:
| Zutat | Menge | Funktion |
|---|---|---|
| Eier (Größe M) | 4 Stück (ca. 200 g) | Grundlage des Teigs, sorgen für Halt und Geschmack |
| Puderzucker | 500 g | Süße, Textur und Stabilität |
| Weizenmehl (Type 405) | 500 g | Struktur des Teigs |
| Hirschhornsalz | ½ Teelöffel | als natürlicher Triebmittel, verleiht Geschmack und lockere Struktur |
| Ganz Anis | 2 Teelöffel (optional) | Aroma, kann weggelassen oder durch andere Gewürze ersetzt werden |
Alternative Zutaten:
- Backpulver kann als Ersatz für Hirschhornsalz verwendet werden, wenn letzteres nicht zur Verfügung steht.
- Kirschwasser oder Leitungswasser können als Flüssigkeit zum Verrühren des Salzes dienen.
- Zitronenabrieb oder Kardamom sind gängige Alternativen zum Anis.
Die Zubereitung: Schritt für Schritt
Die Herstellung von Springerle ist eine Prozedur, die Geduld und Präzision erfordert. Die folgenden Schritte sind aus mehreren Quellen zusammengestellt und repräsentieren das traditionelle Vorgehen:
Eier mit Hirschhornsalz schaumig schlagen
Die Eier werden zusammen mit dem Hirschhornsalz in einer Rührschüssel mit der Küchenmaschine oder einem Handrührgerät etwa 2–10 Minuten lang schaumig geschlagen. Das Ziel ist eine dichte, cremige Masse, die das Fundament für die richtige Textur des Teigs bildet.Puderzucker einrühren
Der Puderzucker wird langsam in die Eier-Mischung einrühren, bis sich alles gut vermischt hat. Dieser Schritt kann bis zu 10 Minuten dauern, um eine homogene Creme zu erzielen.Mehl unterheben
Das Weizenmehl wird portionsweise unter die Eier-Zucker-Creme gehoben. Dabei ist darauf zu achten, dass die Mischung nicht zu fest wird. Nachdem alles untergehoben ist, kann optional Anis beigemischt werden.Teig ruhen lassen
Der Teig wird abgedeckt für mindestens 12–24 Stunden im Kühlschrank ruhen gelassen. Dies ermöglicht es den Zutaten, sich zu verbinden und den Teig für das Ausrollen und Prägen zu stabilisieren.Teig ausrollen und prägen
Der Teig wird auf etwa 8–10 mm Dicke ausgerollt. Beim Ausrollen ist darauf zu achten, dass er gleichmäßig dick ist, damit die Springerle beim Backen gleichmäßig aufgehen. Model und Teigoberfläche werden mit Mehl bestäubt, um ein Kleben zu verhindern. Das Model wird fest in den Teig gedrückt, um das Muster scharf hervortreten zu lassen.Ausstechen und trocknen
Die Springerle werden ausgestochen und auf ein mit Mehl bestäubtes Küchentuch gelegt. Sie müssen für 12–24 Stunden an der Luft trocknen, bis sich eine feste, trockene Schicht an der Oberfläche gebildet hat. Dieser Schritt ist entscheidend, um das Muster beim Backen zu bewahren.Backen
Der Backofen wird auf 150 °C (Ober-/Unterhitze) vorgeheizt. Ein Backblech wird mit Backpapier belegt und optional mit ganzen Anissamen bestreut, damit die Springerle das Aroma aufnehmen können. Die Unterseite der Springerle wird leicht angefeuchtet, ohne die Oberfläche zu befeuchten. Die Plätzchen werden ca. 25 Minuten lang gebacken, wobei sich nach etwa 15 Minuten die Temperatur auf 125 °C reduzieren kann, um die typischen „Füßchen“ zu bilden.
Die vier goldenen Regeln des Springerle-Backens
Zur perfekten Herstellung von Springerle gibt es einige entscheidende Regeln, die aus den traditionellen Rezepten hervorgehen. Sie sind:
Die Eier-Zucker-Creme als Fundament
Die Eier und der Puderzucker müssen mindestens 10 Minuten lang zu einer dicken, fast weißen Creme aufgeschlagen werden. Diese Creme bildet das Gerüst des Teigs und ist entscheidend für die richtige Textur der Springerle.Erste Ruhezeit (24 Stunden im Kühlschrank)
Der Teig muss 24 Stunden lang im Kühlschrank ruhen. In dieser Zeit verbinden sich die Zutaten und der Teig wird fester, was für das Ausrollen und Prägen wichtig ist.Zweite Ruhezeit (24 Stunden an der Luft)
Nach dem Ausstechen und Prägen müssen die Springerle 24 Stunden lang an der Luft trocknen. Dies ermöglicht die Entstehung der fettigen, trockenen Schicht an der Oberfläche, die dafür sorgt, dass das Muster beim Backen erhalten bleibt und sich die „Füßchen“ bilden.Backen auf Anis
Die getrockneten Springerle werden direkt auf einem Bett aus ganzen Anissamen gebacken. So nehmen sie das typische Aroma auf und entfalten ihren vollen Geschmack.
Tipps & Abwandlungen
Obwohl Springerle traditionell mit Anis hergestellt werden, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, das Rezept abzuwandeln, um neue Geschmacksrichtungen zu entdecken. Einige der gängigsten Variationen sind:
- Andere Aromen: Der Anis kann weggelassen und durch Zitronenabrieb, Kardamom oder Vanillezucker ersetzt werden.
- Schoko-Springerle: Hochwertiger Backkakao kann in den Teig integriert werden. In diesem Fall wird die Mehlmenge entsprechend reduziert.
- Kirschwasser statt Wasser: Das Hirschhornsalz kann mit Kirschwasser anstelle von Wasser vermengt werden, was dem Gebäck eine feine Süße verleiht.
Zusätzlich kann auch die Form der Springerle variiert werden. Es gibt zahlreiche Model-Formen in verschiedenen Mustern – von traditionellen Blumen bis hin zu Tiermotiven. Wer möchte, kann auch moderne Silikon-Model verwenden, die leicht zu reinigen und anzuwenden sind.
Vorteile von Springerle
Springerle sind nicht nur optisch ansprechend, sondern auch von gesundheitlicher und kultureller Seite betrachtet interessant. Einige der Vorteile sind:
- Traditionelle Herstellung: Springerle stammen aus dem Mittelalter und sind ein Teil der regionalen Kultur. Sie tragen die Handschrift des Bäckers und sind oft Familienrezepte.
- Natürliche Zutaten: Der Teig besteht nur aus Eiern, Zucker, Mehl und Anis, was ihn besonders schlicht und authentisch macht.
- Langsame Backmethode: Das langsame Backen und die Trocknungsphase sorgen dafür, dass die Springerle locker und knusprig sind, ohne zu verbrennen.
- Niedrige Backtemperatur: Die geringe Temperatur verhindert ein Überbraten und bewahrt die filigranen Muster.
Häufige Fehler beim Springerle-Backen
Obwohl die Herstellung von Springerle einfach klingt, gibt es einige typische Fehler, die zu einem unerwarteten Ergebnis führen können. Hier sind einige davon:
Zu kurzes Aufschlagen des Eier-Zucker-Gemisches
Wenn die Creme nicht stabil genug ist, kann der Teig nicht richtig aufgehen und die Springerle werden zu flach.Zu grobes Ausrollen
Der Teig sollte gleichmäßig auf ca. 8–10 mm Dicke ausgerollt werden. Andernfalls können die Springerle beim Backen schief oder ungleichmäßig werden.Fehlendes Trocknen
Das Trocknen der Springerle ist entscheidend für das Muster und die Form. Ohne diesen Schritt kann sich die Struktur beim Backen verlieren.Zu hohe Backtemperatur
Bei zu hoher Temperatur verbrennen die Springerle zu schnell und das Muster wird unscharf.Unvollständige Befeuchtung der Unterseite
Die Unterseite der Springerle sollte vor dem Backen leicht angefeuchtet werden, damit sie beim Backen nach unten „springen“ können. Ist das nicht der Fall, bilden sich keine „Füßchen“.
Springerle als Geschenk oder Mitbringsel
Springerle eignen sich hervorragend als Mitbringsel oder als Geschenk in einer Keksdose. Dank ihrer künstlerischen Form und ihres Aromas sind sie nicht nur lecker, sondern auch eine optische Wohltat. Sie können in einem Geschenksglas, einer Holzbox oder einer festlichen Tüte präsentiert werden. Besonders beliebt sind sie auch in der Weihnachtszeit, wo sie oft als Teil einer traditionellen Keksmischung serviert werden.
Kulturförderung durch Backen
Das Backen von Springerle ist mehr als nur die Herstellung von Plätzchen. Es ist eine Brücke in die Vergangenheit und eine Hommage an die traditionellen Koch- und Backmethoden. Es fördert nicht nur das kulturelle Verständnis, sondern auch die Familientraditionen und das Handwerkliche. Es ist eine Gelegenheit, mit Kindern oder Enkeln in der Küche zu stehen, Geschichten zu erzählen und eine gemeinsame Erinnerung zu schaffen.
Schlussfolgerung
Springerle sind mehr als nur ein Gebäck – sie sind ein Symbol für Tradition, Geduld und handwerkliche Präzision. Obwohl sie einige Zeit in Anspruch nehmen, lohnt sich die Mühe. Die filigranen Muster, das typische Aroma und die unverwechselbare Form machen sie zu einem Unikat in der Weihnachtsbäckerei und im Kaffee-Genuss. Mit den richtigen Zutaten, der richtigen Technik und etwas Geduld gelingen sie jedes Mal. Sie sind ein Erlebnis für die Sinne und eine Hommage an die kulturellen Wurzeln.