Oma & Bella: Traditionelle Kekse-Rezepte und die Kultur der osteuropäischen jüdischen Küche
Einführung
Das Kochbuch Oma & Bella von Alexa Karolinski ist nicht einfach nur eine Sammlung von Rezepten – es ist ein kultureller und kulinarischer Zeitzeugen, der uns in die Welt der osteuropäischen jüdischen Küche entführt. Es dokumentiert die Rezepte und Lebensgeschichten zweier Holocaust-Überlebender, Regina Karolinski (Oma) und Bella Katz, die in Berlin zusammenleben und ihre kulturellen Wurzeln durchs Kochen bewahren. In diesem Buch werden Gerichte wie Gefilte Fisch (Fischklößchen), Hühnersuppe mit Matzahknödeln, Kugel (Auflauf), Zimmes (süße Möhren) und Rugelach (gefüllte Hörnchen) aufgezeichnet – Klassiker der jüdischen Küche, die durch die Erzählung der beiden Frauen eine emotionale Tiefe und historische Bedeutung erlangen.
Zwar ist das Buch keine klassische Anleitung im Stil moderner Kochbücher, da die Zutaten nicht immer in der üblichen Reihenfolge der Zubereitung aufgeführt sind, dennoch besticht es durch seine Einfachheit, Authentizität und die klare Darstellung der Rezepte. Die Rezepte stammen aus einer Kultur, die durch die Katastrophe des Holocaust fast verloren gegangen wäre. In diesem Artikel wird das Rezept für Rugelach – jüdische gefüllte Hörnchen – genauer betrachtet, sowie der kulinarische und kulturelle Hintergrund, der es umgibt.
Die Rezepte und die Kultur
Die Rezepte in Oma & Bella sind keine neuen Erfindungen, sondern stammen aus der traditionellen jüdischen Küche Osteuropas. Jedes Gericht, das Regina und Bella zubereiten, hat eine Geschichte, die eng mit ihrem Leben, ihrer Flucht und ihrem Überleben verbunden ist. So ist beispielsweise die Nudelkugel, eine herzhafte Suppe aus Nudeln, Gemüse und Fleisch, nicht nur ein kulinarisches Highlight, sondern auch ein Symbol für die Verbundenheit mit der Vergangenheit. Die beiden Frauen beginnen viele ihrer Rezepte mit dem Schritt, Zwiebeln über 40 Minuten lang anzuschwitzen, bis sie goldbraun und süß werden. Dieses Verfahren ist typisch für die jüdische Küche und verleiht den Gerichten eine tiefere Aromatik.
Rugelach: Gefüllte Hörnchen aus der jüdischen Tradition
Ein besonders berührendes und zugleich leckeres Rezept aus dem Buch ist das für Rugelach. Es handelt sich um gefüllte Hörnchen, die traditionell aus einem butterreichen Teig hergestellt werden und mit diversen Füllungen wie Nüssen, Marmelade oder Schokolade gefüllt werden können. Im Buch werden diese Hörnchen als Teil der kulinarischen Erinnerung an die Heimat beschrieben. Die Zubereitung ist einfach, erfordert aber Geduld und Sorgfalt, um die perfekte Textur zu erzielen.
Rezept für Rugelach (gefüllte Hörnchen)
Zutaten für den Teig: - 500 g Mehl - 100 g Zucker - 200 g Butter (kalt, in kleine Würfel geschnitten) - 1 Prise Salz - 1 Ei (für die Arbeitsflächen) - 2 EL Milch oder Wasser (je nach Konsistenz)
Zutaten für die Füllung (Beispiel: Nussfüllung): - 150 g Butter (weich) - 100 g Zucker - 200 g gemahlene Nüsse (Haselnuss oder Walnuss) - 1 Prise Zimt
Zubereitung des Teigs:
- In einer großen Schüssel Mehl, Zucker und Salz vermischen.
- Die kalte Butter in kleine Würfel schneiden und zu den trockenen Zutaten geben.
- Mit den Händen vorsichtig zu einer körnigen Masse kneten.
- Ein Ei in ein Schüsselchen schlagen und mit einem Holzlöffel etwas Milch oder Wasser hinzufügen.
- Langsam das Eimischgetränk unter den Teig arbeiten, bis der Teig zusammenhängend, aber nicht zu feucht ist.
- Den Teig zu einer Kugel formen, mit Frischhaltefolie abdecken und für 30 Minuten im Kühlschrank ruhen lassen.
Zubereitung der Füllung:
- In einer Schüssel die Butter mit dem Zucker cremig schlagen.
- Die gemahlene Nussmasse und den Zimt hinzufügen und alles gut vermengen.
- Die Füllung sollte cremig, aber nicht zu flüssig sein.
Formen und Backen:
- Den Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu einem Rechteck oder Kreis ausrollen (ca. 3–4 mm dick).
- Den Teig in gleich große Dreiecke schneiden.
- Jedes Dreieck mit etwas Füllung bestreichen (nicht bis zum Rand).
- Das spitze Ende des Dreiecks in die Hand nehmen und den Teig um die Spitze wickeln, sodass ein Hörnchen entsteht.
- Die Hörnchen auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen.
- Den Ofen auf 170 °C (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
- Die Hörnchen für ca. 15–20 Minuten backen, bis sie goldbraun und knusprig sind.
- Aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen, bevor sie serviert werden.
Dieses Rezept ist ein klassisches Beispiel für die kreative und zugleich traditionelle jüdische Küche. Die Hörnchen sind nicht nur lecker, sondern auch ein Symbol für die Erinnerung an die Heimat und das kulturelle Erbe, das Regina und Bella durch das Kochen bewahren.
Die kulturelle Bedeutung der jüdischen Küche
Die jüdische Küche ist mehr als nur eine Sammlung von Rezepten – sie ist eine Form der Erinnerung, der Identität und der Kultur. In Oma & Bella wird diese Küche nicht nur kulinarisch, sondern auch emotional und historisch vermittelt. Die Gerichte, die Regina und Bella kochen, sind oft die gleichen, die ihre Familien in Polen und Litauen zubereitet haben, bevor sie durch den Holocaust verloren gingen. So hat die Küche einen doppelten Wert: Sie ist nicht nur Nahrung, sondern auch ein Bindeglied zu der Zeit und den Menschen, die nicht mehr da sind.
Die jüdische Küche in Osteuropa war stark von lokalen Zutaten und religiösen Vorschriften beeinflusst. Viele Gerichte entstanden aus der Notwendigkeit, mit begrenzten Ressourcen kreative und nahrhafte Speisen zu zubereiten. So ist beispielsweise die Matzahsuppe, eine Suppe aus Weizenmehl, Wasser oder Brühe und verschiedenen Zutaten, ein Gericht, das traditionell im Passah-Fest zubereitet wird. Andere Gerichte wie Kugel (eine Art Gemüse- oder Nudelaufstrich) oder Zimmes (süße Möhren) sind typisch für die jüdische Küche in Osteuropa und haben bis heute ihren Stellenwert.
Die emotionale Kraft der Küche
Die Küche ist im Buch Oma & Bella nicht nur ein Mittel zur Nahrungsaufnahme, sondern auch ein Instrument der Erinnerung und der Heilung. Regina und Bella kochen nicht nur, um sich zu ernähren, sondern auch, um die Erinnerungen an ihre Familie, ihre Heimat und ihre Kultur am Leben zu erhalten. Die Küche wird so zu einer Form der Selbstverwirklichung, wie es im Text erwähnt wird: „Kochen als Selbstverwirklichung. Extrem.“
Dieses Verständnis der Küche als etwas, das über das Essen hinausgeht, ist besonders eindrucksvoll in der Beschreibung der Vorbereitung von Gerichten wie Nudelkugel oder Rugelach. Die langsame Zwiebelanschwitzen-Methode ist nicht nur ein technisches Verfahren, sondern auch eine Form der Geduld und der Hingabe, die Regina und Bella ihrem Kochen entgegenbringen. So wird das Kochen zu einer Art Ritual, das nicht nur den Geschmack, sondern auch die Seele nährt.
Die Rolle des Kochens im Erinnern
Ein weiteres Aspekt, der im Buch besonders hervorsticht, ist die Rolle des Kochens im Erinnern. Regina und Bella erzählen nicht nur durch Worte, sondern auch durch ihre Rezepte von ihrem Leben, ihrer Flucht, ihrem Überleben und ihrer Verbundenheit mit der jüdischen Tradition. Die Gerichte, die sie zubereiten, sind oft die gleichen, die sie als Kinder in ihren Familien gelernt haben. Doch da sie diese Traditionen nicht direkt von ihren Eltern oder Großeltern übernommen haben, mussten sie sie sich selbst aneignen – oft durch Bücher, durch Freunde oder durch das Experimentieren im eigenen Haushalt.
Dieser Prozess des Erinnerns durchs Kochen ist besonders berührend. Es zeigt, wie die Küche nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine emotionale Funktion hat. Durch das Zubereiten der Gerichte können Regina und Bella nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern auch die Geschichte ihrer Vorfahren lebendig halten. So wird die Küche zu einer Form der Widerstandsleistung gegen das Vergessen – eine Erinnerung an das, was verloren gegangen ist.
Die Gestaltung des Kochbuchs
Das Kochbuch Oma & Bella ist nicht nur inhaltlich, sondern auch gestalterisch einzigartig. Im Gegensatz zu vielen anderen Kochbüchern, die oft mit kunstvollen Fotos, aufwendigen Layouts oder kunstvollen Schriftarten versehen sind, verzichtet das Buch auf solche Effekte. Stattdessen wird Wert auf Klarheit, Einfachheit und Authentizität gelegt. Die Illustrationen, die im Buch enthalten sind, sind einfach und charmvoll und tragen dazu bei, die Geschichte der beiden Frauen lebendig zu machen.
Ein weiteres Merkmal des Buches ist die Art und Weise, wie die Rezepte präsentiert werden. Im Gegensatz zu klassischen Kochbüchern, in denen die Zutaten in der Reihenfolge ihres Verwendens aufgelistet sind, muss man im Buch Oma & Bella oft die Zutatenliste durchgehen, um zu sehen, welche Menge von welcher Zutat benötigt wird. Dies kann etwas verwirrend sein, ist aber im Kontext der Handschriftlichkeit und Authentizität des Buches verständlich.
Fazit
Oma & Bella ist nicht nur ein Kochbuch, sondern auch ein kulturelles und historisches Dokument. Es zeigt, wie die Küche nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch Erinnerung, Identität und Kultur ist. Durch das Kochen bewahren Regina und Bella nicht nur ihre Lieblingsgerichte, sondern auch ihre Geschichte und ihr kulturelles Erbe. Das Rezept für Rugelach ist nur ein Beispiel für die Vielfalt und die Tiefe der jüdischen Küche, die in diesem Buch vermittelt wird.
Die Küche ist hier nicht nur eine Sammlung von Rezepten, sondern auch eine Form der Selbstverwirklichung, der Erinnerung und der Heilung. Durch das Zubereiten und Teilen von Gerichten wie Rugelach können Regina und Bella nicht nur ihr eigenes Leben reflektieren, sondern auch die Erinnerung an ihre Familien und ihre Heimat lebendig halten. So wird die Küche zu einem Medium, das über das Essen hinausgeht und tiefere emotionale und kulturelle Bedeutungen trägt.
Quellen
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