Molotowcocktail: Die Geschichte, Herstellung und Einsatz in bewaffneten Konflikten

Molotowcocktails – diese Bezeichnung ist heute untrennbar mit dem Begriff „Benzinbombe“ verbunden. Die Waffe, die aus einer einfachen Glasflasche, einem Stofflappen und brennbaren Substanzen besteht, hat sich in verschiedenen bewaffneten Konflikten als effektiv erwiesen. In der heutigen Ukraine, aber auch in anderen Regionen der Welt, sind Molotowcocktails nicht nur ein Mittel der Verteidigung, sondern auch ein Symbol des Widerstands gegen eine Übermacht. Die aktuelle Situation in der Ukraine hat gezeigt, dass selbst inmitten eines Krieges die Bevölkerung versucht, mit improvisierten Mitteln Einfluss zu nehmen. In Fabrikhallen, in Wohnzimmern und auf der Straße werden Molotowcocktails hergestellt, oft mit Anleitungen, die im Internet gefunden werden. Dieser Artikel widmet sich der Geschichte, der Herstellung und dem Einsatz der Molotowcocktails in bewaffneten Konflikten, insbesondere im Zusammenhang mit der Ukraine.

Historische Entwicklung des Molotowcocktails

Die Geschichte des Molotowcocktails reicht weit zurück und ist eng verknüpft mit bewaffneten Konflikten, in denen die sogenannte „David gegen Goliath“-Situation ein entscheidendes Element darstellt. Der Molotowcocktail, auch bekannt als Benzinbombe, ist ein Wurfbrandsatz, der sich durch seine Einfachheit und Effektivität auszeichnet.

Der Ursprung des Namens

Der Name „Molotowcocktail“ stammt aus dem Jahr 1939, als die Sowjetunion Finnland angriff. Wjatscheslaw Molotow, damals Außenminister der Sowjetunion, dementierte öffentlich, dass sowjetische Kampfflieger die finnischen Stellungen bombardiert hätten. Stattdessen behauptete er, sie würden Brot transportieren. Die Finnen, empört über diese Lüge, nannten die Bomben „Molotows Brotkörbe“. Um diese „Brotkörbe“ würdig zu begleiten, taufte man das improvisierte Kampfmittel, das finnische Soldaten gegen sowjetische Panzer einsetzten, auf den Namen „Molotowcocktail“.

Frühe Einsatzbeispiele

Die ersten dokumentierten Einsätze des Molotowcocktails gehen auf den Spanischen Bürgerkrieg zurück. Im Jahr 1937 setzten Rebellen des rechtsgerichteten Nationalistenlagers diese Brandsätze erfolgreich ein, um sowjetische Panzer der Regierung der Zweiten Spanischen Republik außer Gefecht zu setzen. Die Effektivität der Molotowcocktails führte dazu, dass sowohl die Regierungstruppen als auch die internationalen Brigaden diese Waffe bald in ihre Ausrüstung integrierten.

Ein weiteres frühes Beispiel ist der Aufstand in Ungarn im Jahr 1956. Die ungarische Bevölkerung wehrte sich mit Molotowcocktails gegen die sowjetische Besatzung. Vor dem Niedergang des Aufstands gingen etwa 400 sowjetische Panzer in Flammen auf, wobei Molotowcocktails eine entscheidende Rolle spielten.

Der Molotowcocktail in der britischen Verteidigungsplanung

Während des Zweiten Weltkriegs war Großbritannien auf eine mögliche Invasion vorbereitet. Eine der Maßnahmen bestand in der Herstellung der sogenannten „Brandgranate Nummer 76“, eine spezielle Form des Molotowcocktails. Diese Granate enthielt Gummi, das den Brandstoff klebrig machte, und zusätzlich weißes Phosphor, das die Granate selbstentzündlich machte. Dadurch war kein Lappen mehr erforderlich, was die Herstellung vereinfachte. Etwa sechs Millionen dieser Granaten wurden produziert und überall im Land gelagert, damit die Bevölkerung im Fall einer Besetzung schnell darauf zugreifen konnte. Noch im Jahr 2018 stieß man bei Bauarbeiten auf unentdeckte Bestände dieser Granaten.

Die aktuelle Situation in der Ukraine

Die Ukraine bietet einen der neuesten Beispiele für die Nutzung von Molotowcocktails in bewaffneten Konflikten. Die Bevölkerung, vor allem in Städten wie Lwiw, Kiew und Dnipro, setzt auf diese Waffe, um sich gegen die russischen Truppen zu verteidigen. In Lwiw basteln Studenten und Künstler Molotowcocktails in einer ehemaligen Fabrikhalle, in der früher Raves stattfanden. Eine Rentnerin in einem Vorort von Kiew zeigte einer CNN-Reporterin ihren Vorrat an selbstgebastelten Brandsätzen und erklärte, wie sie die Bauanleitung im Internet gefunden hatte. In Dnipro treffen sich Frauen, um Benzinbomben im Freien herzustellen.

Die Herstellung von Molotowcocktails hat sich in der Ukraine zu einer Art kollektiver Aufgabe entwickelt. „Es scheint gerade keine wichtigere Aufgabe zu geben“, sagt eine der Frauen, die in Dnipro Molotowcocktails herstellt. In einem Land, das sich gegen eine militärische Übermacht wehrt, ist die Produktion dieser Waffen ein Ausdruck von Vorbereitung und Widerstand.

Die Herstellung in der Ukraine

Die Herstellung von Molotowcocktails in der Ukraine erfolgt meist mit einfachen Mitteln. Eine typische Anleitung, wie sie im Internet zu finden ist, besteht aus Benzin, Aceton, Styropor und Scotch. Andere Rezepturen enthalten zusätzliche Zutaten wie Zucker, Salpeter und Buntstifte, die für die Herstellung von Rauchbomben verwendet werden. Diese Anleitungen sind oft auf Websites und sozialen Medien verbreitet und werden von Menschen in den besetzten Gebieten genutzt.

Ein Video, das im Internet kursiert, zeigt, wie ein Granatwerfer wie der RPG-7 bedient wird. Dieser Granatwerfer ist in der Ukraine weit verbreitet und wird oft in Kombination mit Molotowcocktails eingesetzt. Die ukrainische Armee erklärt, dass die Explosion der Granate einen konzentrierten Stoß erzeugt, der die Panzerung durchdringt, Menschen trifft, Waffen und Ausrüstung zerstört und Treibstoff entzündet. Gleichzeitig wird gewarnt, dass ohne Erfahrung das Ziel auf große Distanz nur schwer getroffen werden kann.

Neben der militärischen Ausbildung gibt es auch Empfehlungen für den gewaltfreien Widerstand. So lautet eine Empfehlung: „Geben Sie sehr lange und unklare Antworten, wenn Sie nach etwas gefragt werden.“ Andere Ratschläge betreffen das Senken der Moral der russischen Besatzer. Frauen sollen sich ständig beschweren, weinen und hysterisch schluchzen. Solche Techniken, die in der ukrainischen Armee verbreitet sind, zeigen, dass der Widerstand nicht nur körperlich, sondern auch psychologisch geplant ist.

Molotowcocktails in anderen bewaffneten Konflikten

Die Geschichte des Molotowcocktails reicht weit über die Ukraine hinaus. In verschiedenen bewaffneten Konflikten weltweit haben sich Molotowcocktails als effektives Mittel erwiesen, um gegen übermächtige Gegner zu kämpfen.

Der Prager Frühling

Während des Prager Frühlings in den 1960er Jahren setzten tschechoslowakische Demonstranten Molotowcocktails ein, um sich gegen die Truppen des Warschauer Pakts zu wehren. Die Waffe war damals ein Symbol für den Widerstand gegen die sowjetische Kontrolle.

Die Proteste in Paris

In den 1960er Jahren bewarfen protestierende Studenten in Paris die Polizei mit selbstgebastelten Molotowcocktails. Diese Aktionen gehörten zu den ersten großen studentischen Demonstrationen in Europa und zeigten, wie improvisierte Waffen in politischen Konflikten eingesetzt werden können.

Der Nahostkonflikt

In den Palästinensischen Gebieten setzten Demonstranten Molotowcocktails ein, um israelische Soldaten anzugreifen. Ebenso wurden diese Waffen von Sandinistas gegen die nicaraguanische Nationalgarde eingesetzt.

Die Islamische Revolution

Während der Islamischen Revolution in den 1970er Jahren in Iran setzten Shah-Gegner Molotowcocktails ein, um sich gegen die Sicherheitskräfte zu wehren. Diese Waffe spielte auch in der Revolution eine symbolische Rolle.

Hongkong

In jüngster Zeit setzten Demonstranten in Hongkong Molotowcocktails ein, um sich gegen staatliche Repressionen zu wehren. Diese Aktionen zeigen, dass die Molotowcocktails immer noch in modernen Protestbewegungen eine Rolle spielen.

Die Herstellung von Molotowcocktails

Die Herstellung eines Molotowcocktails ist aufgrund der einfachen Materialien, die benötigt werden, relativ unkompliziert. In der Regel benötigt man eine Glasflasche, einen Stofflappen und eine Mischung aus brennbaren Substanzen. Die genaue Zusammensetzung der Mischung kann variieren, aber die grundlegende Rezeptur bleibt gleich.

Grundrezeptur

Eine typische Rezeptur für einen Molotowcocktail besteht aus:

  • 1 Glasflasche (z. B. ein Getränkenglas)
  • Einem Stofflappen, der die Flaschenmundung bedeckt
  • Brennbaren Substanzen wie Benzin, Aceton oder Styropor

Die Flasche wird mit der brennbaren Mischung gefüllt, und der Stofflappen wird so festgemacht, dass er den Flaschenmund verschließt. Beim Wurf entzündet sich der Stofflappen, und die Flasche explodiert, wodurch die brennbare Masse auf das Ziel geschleudert wird.

Verfeinerte Rezepturen

In einigen Fällen werden zusätzliche Zutaten hinzugefügt, um die Effektivität des Molotowcocktails zu erhöhen. Beispielsweise können Zucker, Salpeter und Buntstifte verwendet werden, um Rauchbomben herzustellen. Andere Rezepturen enthalten weißes Phosphor, das den Molotowcocktail selbstentzündlich macht, wodurch ein Stofflappen überflüssig wird. Ein Beispiel dafür ist die „Brandgranate Nummer 76“, die in Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs hergestellt wurde.

Die Einsatzstrategie

Der Einsatz von Molotowcocktails hängt stark von der Situation ab, in der sie eingesetzt werden. In der Regel werden sie in bewaffneten Konflikten oder Demonstrationen verwendet, um Feinde oder staatliche Sicherheitskräfte anzugreifen.

Vorteile

Die Vorteile des Molotowcocktails liegen in seiner Einfachheit, Verfügbarkeit und Effektivität. Er ist leicht herzustellen und benötigt keine aufwendigen Materialien. Zudem ist er in der Lage, Feinde in der Distanz anzugreifen, was ihn zu einer wertvollen Waffe macht, insbesondere für Gruppen, die über keine schweren Waffen verfügen.

Nachteile

Dennoch hat der Molotowcocktail auch Nachteile. Die Herstellung erfordert Vorsicht, da die brennbaren Substanzen leicht entzünden können. Zudem ist die Genauigkeit beim Wurf begrenzt, was bedeutet, dass die Trefferquote relativ niedrig ist. In der Ukraine werden oft Granatwerfer wie der RPG-7 in Kombination mit Molotowcocktails eingesetzt, um die Effektivität zu erhöhen.

Die Rolle der Molotowcocktails in der Ukraine

Die Rolle der Molotowcocktails in der Ukraine ist vielschichtig. Sie dienen nicht nur als Waffe, sondern auch als Symbol des Widerstands. In einer Situation, in der die russischen Truppen als Übermacht wahrgenommen werden, ist die Herstellung und der Einsatz von Molotowcocktails eine Form der Selbstverteidigung. Olena Selenska, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodomir Selenskyj, sagte, dass die Ukrainer „die Russen mit Molotowcocktails verscheuchen“. Diese Aussage unterstreicht die emotionale und symbolische Bedeutung, die diese Waffe in der Ukraine hat.

Brandanschläge auf russische Ziele

Die ukrainische Bevölkerung greift nicht nur mit Molotowcocktails zur Selbstverteidigung, sondern auch zur Sabotage. In Russland sind Brandanschläge auf Regierungs- und Militärobjekte ein häufiges Phänomen. In der Nähe von St. Petersburg griff ein 76-Jähriger eine Militäreinrichtung mit Molotowcocktails an. In Moskau warf eine Frau einen Brandsatz auf ein Militärkommissariat. In Ischimbaj zündete eine 18-Jährige die Tür einer Einberufungsstelle an. In der Hafenstadt Nachodka schleuderte ein Mann zwei Brandsätze in ein Militärgebäude.

Diese Angriffe, die in der Regel von Zivilisten ausgeführt werden, zeigen, dass die Molotowcocktails nicht nur ein Mittel der Verteidigung, sondern auch ein Instrument der Sabotage sind. Nach Angaben des russischen Exilmediums „Meduza“ sind über die Hälfte der Täter älter als 50 Jahre, und viele davon sind Frauen. Diese Daten zeigen, dass der Widerstand in der Ukraine nicht nur aus jungen Männern besteht, sondern auch aus älteren Menschen und Frauen, die sich trotz ihres Alters dem Widerstand anschließen.

Quellen

  1. Granate des Kleinen Mannes: Die Geschichte des Molotowcocktails
  2. Ukraine-Krieg: Spezialkräfte geben Tipps für Molotowcocktails und Rauchbomben
  3. Brandanschläge auf russische Regierungs- und Militärobjekte

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