Der Martinez Cocktail: Ursprung, Rezepturen und Einfluss auf moderne Mixologie
Der Martinez Cocktail ist eine der ältesten und einflussreichsten Kreationen der klassischen Cocktailgeschichte. Er gilt nicht nur als direkter Vorgänger des Martini, sondern auch als Inspirationsquelle für zahlreiche weitere Gin- und Vermouth-basierte Cocktails. Seine Komposition aus Gin, süßem Vermouth, Maraschino-Likör und Aromatic Bitters spiegelt die kulinarischen und kulturellen Entwicklungen des viktorianischen Zeitalters wider. In der heutigen Mixologie erfährt der Martinez eine Renaissance, wobei moderne Bartender alte Rezepte erneuern und dabei auf hochwertige Zutaten zurückgreifen.
Der Ursprung des Martinez Cocktail
Die genaue Entstehung des Martinez Cocktail ist umstritten, was den Cocktail umso faszinierender macht. Zwei Haupttheorien dominieren die historischen Erzählungen. Die erste geht auf Jerry Thomas zurück, den berühmten Bartender des Occidental Hotel in San Francisco, der im Jahr 1862 angeblich einen Gast namens Julio Richelieu mit einem Cocktail „nach Martinez“ bediente. Die zweite Theorie verortet die Entstehung des Drinks im kalifornischen Städtchen Martinez selbst, wo ein unbekannter Barkeeper im 19. Jahrhundert den Cocktail erstmals gemixt haben soll.
Unabhängig davon, wer den Martinez erfunden hat, ist eines klar: Der Cocktail hat sich in der Cocktailgeschichte als wegweisend erwiesen. Seine Struktur, die aus einem harmonischen Verhältnis zwischen süßem Vermouth, Gin und weiteren Aromen besteht, hat den Martini und andere spätere Kreationen beeinflusst. Die Rezepte der Zeit zeigten oft eine größere Rolle des süßen Vermouths, was später im Martini durch den trockenen Vermouth abgelöst wurde.
Klassische Rezeptur des Martinez Cocktail
Die klassische Rezeptur des Martinez Cocktail besteht aus folgenden Zutaten:
Zutat | Menge |
---|---|
Old Tom Gin | 60 ml |
Roter süßer Vermouth | 30 ml |
Maraschino-Likör | 1 BL (Barlöffel) |
Aromatic Bitters | 2 Dashes |
Die Zubereitung erfolgt durch kaltes Rühren mit Eiswürfeln. Dazu werden alle Zutaten in ein Rührglas gegeben und etwa 20 bis 30 Sekunden lang intensiv gerührt, bis die Mischung angenehm kalt ist. Anschließend wird der Cocktail durch den Strainer in ein vorgekühltes Cocktailglas abgegossen. Zum Abschluss wird der Martinez Cocktail oft mit einer Orangen- oder Zitronenzeste garniert, um das Aroma zu verfeinern.
Zutaten im Detail
Old Tom Gin: Im Gegensatz zu modernen Dry Gins ist Old Tom Gin süßer und milder. Er enthält oft Zuckerzusätze und hat eine rundere, fruchtigere Note. In alten Rezepten für den Martinez wurde häufig Old Tom Gin verwendet, da er harmonisch mit dem süßen Vermouth arbeitete.
Roter süßer Vermouth: Der rote Vermouth ist eine unverzichtbare Komponente des Martinez. Er bringt Süße und Aromen mit, die den Gin balancieren und die Komplexität des Drinks erhöhen. Empfehlenswerte Marken sind Carpano Antica Formula oder Cocchi.
Maraschino-Likör: Der Maraschino-Likör verleiht dem Martinez zusätzliche Süße sowie fruchtige Kirscharomen und eine leichte Bittermandelnote. Luxardo Maraschino ist eine hochgelobte Wahl, da er für seine Aromenvielfalt und Qualität bekannt ist.
Aromatic Bitters: Angostura Bitters sind der Klassiker, der für die Bitternote des Martinez sorgt. Sie verfeinern den Geschmack und runden die Aromen ab.
Der Martinez als Vorläufer des Martini
Der Martinez gilt als direkter Vorfahr des Martini, der später in der viktorianischen und eurpeäischen Bar-Tradition eine zentrale Rolle spielte. Während der Martinez süßen Vermouth und Old Tom Gin nutzte, wandte sich der Martini in den späten 19. Jahrhundert zunehmend dem trockenen Vermouth und Dry Gin zu. Ein Meilenstein in dieser Entwicklung war der sogenannte „Dry Martini“, der um 1910 entstand. Er setzte sich aus 60 ml London Dry Gin, 30 ml Dry Vermouth und einem Dash Orange Bitters zusammen.
Diese Entwicklung war nicht plötzlich, sondern zeigte sich allmählich. In den 1890er Jahren war es üblich, beide Formen von Vermouth in einem Cocktail zu kombinieren, wie es im „Marguerite Cocktail“ (1904) zu finden ist. Der Martinez blieb jedoch der archetypische „Wermut-und-Gin“-Cocktail und inspirierte zahlreiche weitere Kreationen.
Moderne Interpretationen und stilistische Varianten
In der zeitgenössischen Mixologie erfährt der Martinez eine bemerkenswerte Wiederbelebung. Mit der Wiederentdeckung von Old Tom Gin und der Vielfalt an Vermouths ist der Weg frei für kreative Neudeutungen. Ein Beispiel hierfür ist die Rezeptur von Jim Meehan (PDT, New York), der sich eng an die klassische Struktur hält, aber hochwertige Produkte einsetzt:
- 45 ml Old Tom Gin (Hayman’s)
- 45 ml Sweet Vermouth (Carpano Antica)
- 1 Barlöffel Luxardo Maraschino
- 2 Dashes Bokers Bitters
Meehans Version ist klarer und fokussierter, wobei die Kirschnoten und der weiche Wacholder besonders hervorstehen.
Ein weiteres Beispiel ist die Variante von Joaquín Simó (Pouring Ribbons), der den Martinez um aromatische Tiefe erweitert:
- 60 ml Ransom Old Tom Gin (fassgereift)
- 30 ml Punt e Mes
- 7,5 ml Luxardo Maraschino
- 2 Dashes Jerry Thomas Own Decanter Bitters
- Orange twist
Diese Interpretation unterstreicht die aromatische Komplexität des Martinez, wobei die Punt e Mes-Komponente zusätzliche Schärfe und Bitterkeit einbringt.
Der Martinez als Klassiker in der heutigen Mixologie
Obwohl der Martinez in der Vergangenheit in den Hintergrund trat, gewinnt er in der heutigen Bar-Scene an Bedeutung. Zahlreiche Bars und Mixologen entdecken ihn neu und setzen ihn in verschiedenen Formen ein. Der Cocktail eignet sich besonders gut für Gäste, die klassische Kombinationen von Gin und Vermouth genießen und gleichzeitig eine gewisse Süße und Fruchtigkeit bevorzugen.
Ein weiterer Vorteil des Martinez ist seine Flexibilität. Er kann sowohl pur als auch mit diversen Garnituren serviert werden. Während traditionell Orangen- oder Zitronenzesten verwendet werden, können auch andere Aromen wie Pfeffer oder Kräuter eingesetzt werden, um den Geschmack zu verändern.
Tipps zur Zubereitung des Martinez Cocktail
Für eine optimale Zubereitung des Martinez Cocktail sind einige technische und inhaltliche Empfehlungen wichtig:
Verwenden Sie Eiswürfel: Das kalte Rühren mit Eiswürfeln ist entscheidend, um die richtige Temperatur zu erreichen. Achten Sie darauf, dass die Eiswürfel nicht zu schnell schmelzen, da sie das Aroma beeinflussen können.
Glasvorbereitung: Das Cocktailglas sollte vorgekühlt werden, um Kondensation zu vermeiden und den Drink länger kalt zu halten. Ideal ist ein Martini- oder Cocktailglas, das vorher in den Kühlschrank gestellt wurde.
Proportionen beachten: Die klassische Rezeptur ist empfehlenswert, da sie den Geschmack bestmöglich ausbalanciert. Abweichungen können zwar kreativ sein, sollten aber sorgfältig getestet werden.
Garnitur wählen: Die Garnitur ist eine willkommene Ergänzung, die den Geschmack und das Aroma verfeinert. Zitronenzeste oder Orangenkerne sind klassisch, doch auch andere Optionen wie Zucker oder Salz können verwendet werden.
Der Martinez in der heimischen Bar
Der Martinez ist ein Cocktail, der sich auch in der heimischen Bar einfach und effektiv zubereiten lässt. Mit wenigen Zutaten und einem Rührglas ist er in wenigen Minuten servierbereit. Zudem eignet er sich hervorragend für Gäste, die klassische Kombinationen genießen, aber dennoch ein wenig Süße und Komplexität bevorzugen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass der Martinez nicht auf besondere Vorbereitung oder Geräte angewiesen ist. Mit einem einfachen Rührglas, Eiswürfeln und einem Strainer ist er in der Regel gut zubereitbar. Ein weiterer Tipp ist, alle Zutaten im Voraus abzumessen, um die Zubereitung schneller und effektiver zu gestalten.
Fazit
Der Martinez Cocktail ist ein historisches Meisterwerk der Mixologie, das bis heute seine Relevanz behält. Mit seiner Komposition aus Old Tom Gin, süßem Vermouth, Maraschino und Bitters hat er nicht nur den Martini inspiriert, sondern auch eine ganze Generation von Gin- und Vermouth-basierten Cocktails beeinflusst. In der heutigen Zeit wird er durch moderne Bartender erneuert und zugleich in seiner klassischen Form bewahrt. Egal, ob in der heimischen Bar oder in einer professionellen Mixologie-Location, der Martinez bleibt ein unverzichtbarer Cocktail in der Welt der Spirituosen.
Quellen
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