Updrögt Bohnen – Traditionelle Zubereitung und kulinarische Bedeutung einer ostfriesischen Spezialität
Die ostfriesische Spezialität Updrögt Bohnen zählt zu den kulinarischen Schätzen der Region und ist bis heute ein Aushängeschild der regionalen Küche. Sie basiert auf einer alten Tradition, bei der frische Bohnen getrocknet und später in einer deftigen Eintopfform zubereitet werden. Das Rezept, das sich über mehrere Jahrhunderte bewahrt hat, verbindet nicht nur Geschmack und Nährwert, sondern auch kulturelle Identität und handwerkliches Können. In diesem Artikel wird der Prozess der Herstellung, die historische Entwicklung sowie die moderne Relevanz des Gerichts detailliert beschrieben.
Ursprung und Tradition der Updrögt Bohnen
Die Updrögt Bohnen haben ihren Ursprung in der ländlichen Küchenkultur Ostfrieslands, insbesondere in den Küsten- und Marschgebieten. Traditionell werden dafür reife, weichschalige Bohnen verwendet, die meist unter den Namen „Hinrichs Riesen“ oder „Speckbohnen“ bekannt sind. Diese Sorten sind charakteristisch für ihre dicke Schale und ihr kerniges Fruchtfleisch.
Pflanzung und Ernte
Die Bohnen werden in Ostfriesland meist ab Ende April bis Anfang Mai gepflanzt. Die Sorten, die für die Updrögt Bohnen verwendet werden, sind meist Buschbohnen, die nicht ranken, sondern kompakt wachsen. Eine bekannte historische Sorte ist „Hinrichs Riesen“, die bereits um 1872 in der Region verbreitet war. Diese Bohnen zeichnen sich durch gelbe, flache Hülsen aus, die gelegentlich rote Flecken aufweisen. Ihre Blüten sind weiß mit einem leichten rosa Schimmer, und das Bohnenkorn ist weißgrundig, rosa marmoriert.
Die Ernte erfolgt, wenn die Bohnenschale weiß verfärbt ist, das Korn gut ausgebildet, aber noch nicht vollständig reif. Dies ist der ideale Zeitpunkt, um die Bohnen für die Trocknung vorzubereiten. In einigen Regionen wird der Ablauf der Ernte als „uprejen“ bezeichnet – ein Prozess, der als fast eine Wissenschaft gilt, da er Erfahrung und Sorgfalt erfordert.
Vorbereitung zum Trocknen
Nach der Ernte werden die Bohnen geströpt, also an beiden Enden die Kappen entfernt und der Faden (ein charakteristisches Merkmal vieler Bohnensorten) ausgeschnitten. Danach werden sie auf ein „Bohntjeband“ aufgereiht. Dieser Faden ist ein spezieller, reißfester Hanffaden, der etwa 120 cm lang ist, wobei zusätzliche 20 cm für die Schlaufen zum Aufhängen benötigt werden. Die Verwendung der Webernadel, eine ca. 30 cm lange Nadel, ist besonders hilfreich, um mehrere Bohnen hintereinander aufzuspießen und dann auf das Band zu schieben.
Diese Bänder mit den Bohnen werden dann zum Trocknen an einen trockenen, gut belüfteten Ort gehängt – meist im Dachboden oder in der Küche. Der Prozess der Trocknung nimmt mehrere Wochen in Anspruch, wodurch die Bohnen ihren typischen Geschmack entwickeln. Nachdem sie ausreichend getrocknet sind, werden sie in Leinenbeutel gefüllt, um sie bis zur Zubereitung aufzubewahren.
Zubereitung der Updrögt Bohnen
Die Zubereitung der Updrögt Bohnen ist ein Prozess, der sorgfältig vorbereitet werden muss, da die Bohnen erst nach einer langen Einweichzeit gar werden. Die Rezepturen variieren geringfügig, aber alle gemeinsame Elemente betonen die Substanz und den deftigen Geschmack, der für die ostfriesische Küche typisch ist.
Grundrezept
Ein typisches Rezept für Updrögt Bohnen umfasst folgende Zutaten:
- 500 Gramm getrocknete Bohnen
- 750 Gramm getrockneter, durchwachsener Speck
- Kartoffeln
- Mettwurst
Schritt-für-Schritt-Zubereitung
Vorbereitung der Bohnen:
Die getrockneten Bohnen werden gründlich gewaschen und mit einer Haushaltsschere in etwa 2 cm lange Stücke geschnitten. Danach werden sie über Nacht in Wasser einweichen, um sie weicher zu machen.Kochen der Bohnen:
Am nächsten Tag werden die Bohnen in frischem Wasser etwa 20 Minuten gekocht. Anschließend werden sie abgegossen und mit frischem Wasser erneut gewaschen.Zubereitung des Eintopfs:
Der Speck wird mit Wasser und den Bohnen aufgesetzt und 2 Stunden langsam gekocht. In der letzten 30 Minuten werden Kartoffeln und Mettwurst hinzugefügt, um mitzukochen.Abschluss und Abschmecken:
Sobald alles gar ist, werden die Fleischstücke entnommen, und die Bohnen mit Kartoffeln werden durchgestampft. Danach wird das Gericht mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Die Fleischbeilage, also Speck und Wurst, wird erneut hinzugefügt und das Gericht serviert.Servierempfehlung:
Traditionell wird Essig als Tischzutat angeboten, um den Geschmack des Eintopfs zu unterstreichen. In einigen Haushalten wird auch Senf oder Ketchup serviert.
Spezielle Hinweise und Tipps
Speck und Wurst
Der Speck, der in der Rezeptur verwendet wird, ist typisch „durchwachsen“, was bedeutet, dass er aus dem Schmalen (dem fettigen Teil des Schweines) hergestellt wird. Er verleiht dem Eintopf eine deftige Note und verhindert, dass die Bohnen zu trocken werden.
Die Mettwurst ist eine weitere typische Zutat, die meist erst in der letzten Phase des Kochvorgangs hinzugefügt wird, um ihre Geschmackseigenschaften zu bewahren. Sie wird oft in dünne Scheiben geschnitten, damit sie beim Garen nicht auseinanderfallen.
Kartoffeln
Die Kartoffeln können variieren, je nach lokaler Verfugbarkeit und Geschmack. In der Regel werden mehlige Kartoffeln verwendet, da sie sich besser stampfen lassen und eine cremige Konsistenz erzeugen. Sie werden entweder gekocht oder gedünstet, bevor sie zu den Bohnen hinzugefügt werden.
Einweichen der Bohnen
Ein entscheidender Schritt in der Zubereitung ist das Einweichen der Bohnen. Je nach Sorte und Alter der Bohnen kann die Einweichzeit variieren, aber eine Nacht im Wasser ist der Standard. Es ist wichtig, dass das Wasser frisch ist und nicht mit dem Kochwasser ersetzt wird. Einige Rezepturen empfehlen, das Einweichwasser abzuspülen, um unerwünschte Aromen oder Gerbstoffe zu entfernen.
Kulturelle und kulinarische Bedeutung
Die Updrögt Bohnen sind mehr als nur ein Rezept – sie sind ein Symbol für die regionale Identität Ostfrieslands. Das Gericht wird oft bei Festen, Familienfeiern oder im Herbst serviert, da es eine warme, sättigende Mahlzeit darstellt. Es spiegelt zudem die Ernährungsgewohnheiten der vergangenen Generationen wider, in denen konservierte Lebensmittel eine große Rolle spielten.
Traditionelle Werte
Die Zubereitung der Updrögt Bohnen erfordert Zeit, Geduld und handwerkliches Können. Jeder Schritt, von der Ernte bis zur Aufbewahrung, ist ein Ausdruck von traditionellem Wissen, das in den Familien weitergegeben wird. Viele ostfriesische Familien vermehren ihr Saatgut selbst, indem sie gut ausgebildete Bohnen für das folgende Jahr zurückbehalten. Dies unterstreicht die Nachhaltigkeit und Regionalität der Speise.
Ein Gericht mit Zukunft
Trotz der traditionellen Herkunft ist die Updrögt Bohnen bis heute in der Region lebendig. Sie wird in ostfriesischen Restaurants, auf Märkten und bei kulinarischen Veranstaltungen angeboten. Auch moderne Köche wie Bettina Heinemann, eine renommierte Köchin aus dem Landkreis Oldenburg, verfeinern das Rezept und präsentieren es in einem neuen Licht, ohne die ursprüngliche Esskultur zu verlieren.
Weitere ostfriesische Gerichte mit Bohnen
Neben den Updrögt Bohnen gibt es in der ostfriesischen Küche auch andere Bohnengerichte. Ein weiteres bekanntes Rezept ist Insett Bohnen, bei dem die Bohnen grün geerntet und frisch zubereitet werden. Insett Bohnen erfordern keine Trocknung, sondern werden meist gekocht oder gedünstet und als Beilage oder Hauptgericht serviert.
Insett Bohnen – kurze Erklärung
Insett Bohnen werden meist im Juli geerntet, bevor die Hülsen ganz reif sind. Sie werden in frischen Zustand verarbeitet, entweder als Bohnen in Tomatensoße oder als Eintopf mit Fleisch. Im Gegensatz zu den Updrögt Bohnen, die für die Aufbewahrung getrocknet werden, dienen die Insett Bohnen als frische Mahlzeit. Sie sind eine beliebte Variante für den Sommer und den Herbst.
Fazit
Die Updrögt Bohnen sind ein wahrer Genuss, der sich durch seine traditionelle Herstellung, den durststillenden Geschmack und die regionale Herkunft auszeichnet. Sie sind nicht nur ein Aushängeschild der ostfriesischen Küche, sondern auch ein lebendiges Zeugnis für die Ernährungskultur der vergangenen Jahrhunderte. Die Zubereitung erfordert Zeit und Geduld, aber das Ergebnis ist eine sättigende Mahlzeit, die bis heute geschätzt wird.
Die Bohnen, die in Ostfriesland angebaut und getrocknet werden, sind nicht nur ein Grundnahrungsmittel, sondern auch ein Symbol für die kulturelle Identität der Region. Die Rezeptur, die über Generationen weitergegeben wird, ist ein Beispiel für traditionelles Wissen, das in der heutigen Zeit weiterlebt.
Quellen
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